„Sind Sie eigentlich extremistisch?“

„Sind Sie eigentlich extremistisch?“

Diese Frage musste sich eine Studentin bei einem Bewerbungsgespräch für eine Stelle am Universitätsinstitut anhören, weil sie angab, Hindu zu sein. Selbstverständlich sind Fragen dieser Art unzulässig. Private Themen wie Religion, Herkunft, politische Ausrichtung und Gesundheit sind in einem Vorstellungsgespräch gemäß dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz tabu, es sei denn, sie sind nachweislich relevant für die Ausübung der Arbeitsstelle. Im Fall eines Verstoßes, hat der:die Bewerber:in das Recht zu schweigen, lügen und / oder eine Klage einzureichen.

Menschen mit Migrationshintergrund erhalten seltener Rückmeldungen

In einer Studie des Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung aus dem Jahr 2008 wurden 6000 fiktive Bewerbungen mit bewusst variierenden Angaben bezüglich des Geschlechts, der Ethnizität, der Religion, des Phänotyps und von Noten verschickt. Alle weiteren Inhalte wurden randomisiert. Tatsächlich erhielten nur 51 Prozent der Menschen mit Migrationshintergrund eine positive Rückmeldung, während es bei Bewerber:innen ohne Migrationshintergrund unter gleicher Qualifikation 60 Prozent waren. Überraschend war, dass einige Herkunftsländer zu einer positiven Diskriminierung führten: Personen mit spanischer, japanischer, polnischer und schweizerischer Herkunft wurden in der Studie gegenüber deutschen Mitbewerber:innen bevorzugt. Afrikanische und muslimische Länder hingegen rangierten auf den untersten Plätzen.

Was hat sich 13 Jahre später getan? Das Markt- und Meinungsforschungsinstitut YouGov und Indeed befragten im Mai über 500 erwerbstätige Menschen mit Migrationshintergrund zu ihren Erfahrungen. Über 40 Prozent der Teilnehmenden haben das Gefühl aufgrund ihrer Herkunft im Bewerbungsprozess diskriminiert zu werden. Frauen sind mit 47 Prozent deutlich häufiger betroffen als Männer (33 Prozent).

Strukturierte Interviews und anonymisierten Verfahren könnten helfen

Um vorherrschende Ungleichbehandlungen dieser Art zu verringern, wurden konstruktive Lösungsvorschläge genannt. Knapp über ein Drittel der Interviewten sprach sich für strukturierte Vorstellungsgespräche (z.B. einheitlicher Fragenkatalog) und (teil-) anonymisierte Bewerbungen aus. Außerdem könnten der Einsatz von Algorithmen und Gruppenentscheidungen eine Verbesserung bewirken.


Veröffentlicht am : 01.09.2021