Traumbranche Public Sector? Wie die öffentliche Hand am Arbeitsmarkt bestehen kann

Staubige Amtsstuben, veraltete IT-Struktur und deutlich weniger Gehalt als in der Privatwirtschaft. So oder so ähnlich lautet zumindest das Klischee vom größten Arbeitgeber Deutschlands, der öffentlichen Hand. Dabei ist die Verwaltung besser als ihr Ruf. Doch was können die Behörden und Ämter unternehmen, um im Arbeitsmarkt der Zukunft zu bestehen?


Laut einer aktuellen Umfrage ist insbesondere seit der Corona-Pandemie ein Wertewandel bei Studierenden und somit potenziellen Nachwuchstalenten zu Gunsten der Arbeit für den Staat sichtbar geworden.

Der öffentliche Sektor löste sogar die Automobilindustrie als beliebtesten Arbeitgeber in Deutschland ab. Gleichzeitig muss auch die öffentliche Hand in Zeiten von Fachkräftemangel und demografischem Wandel am Jobmarkt bestehen, um der aufklaffenden Personallücke von derzeit vier Prozent entgegenzuwirken. 


Ausblick 2030

Nicht erst seit der Corona-Pandemie ist klar, dass der öffentliche Sektor komplexe und tragweitenreiche Aufgaben zu bewältigen hat. Die Gewährleistung der öffentlichen Gesundheitsversorgung, der Umgang mit dem Klimawandel sowie das Vorantreiben der Digitalisierung sind nur einige der Aufträge, vor denen die Behörden und Ämter stehen.

Doch bereits im Jahr 2019 verzeichnete der dbb Beamtenbund und Tarifunion eine Personallücke von knapp vier Prozent aller Stellen. Damit fehlen der öffentlichen Hand bereits jetzt  185.000 Arbeitskräfte zur Bewältigung der vielen Herausforderungen. Bis zum Jahr 2030 droht sich diese Personallücke sogar auf 16 Prozent aller Stellen auszuweiten

Dieses eklatante Personaldefizit lässt sich jedoch nicht gänzlich von dem strukturellen Nachteil der geringeren finanziellen Entlohnung im Vergleich zur Privatwirtschaft erklären, sondern bietet Raum für konkrete Recruiting-Maßnahmen, die entgegenwirken können. 

 

Was Student:innen wichtig ist

Frei nach dem Mantra „Money makes the world go round“ könnte man meinen, dass die Asymmetrie in der Entlohnung zwischen Privatwirtschaft und öffentlichem Sektor so groß ist, dass junge Universitäts-Absolvent:innen leichtes Spiel haben, sich gegen eine Karriere beim Staat zu entscheiden. Umso überraschender mag das Ergebnis der EY Studierendenstudie 2020 anmuten, in der 26 Prozent der Befragten angaben, dass der öffentliche Dienst besonders attraktiv für die eigene Berufsplanung ist.

Damit ist die öffentliche Hand sogar vor der schnell wachsenden Software-/IT-Brancehe (20%) auf Platz  eins der für die Berufsplanung attraktivsten Branchen. Der Grund dafür könnte darin liegen, dass 2 von 3 Studierenden angaben, dass ihnen die Sicherheit im Job wichtig ist. Die landläufige Annahme, dass die Bezahlung und die Möglichkeit der Gehaltssteigerungen vor allem jungen Menschen am wichtigsten sind, bestätigt sich bei dieser Erhebung nicht. Unter den Spitzenreitern der Berufswahlfaktoren findet sich auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie die Flexibilität der Arbeitszeiten.

Auch wenn die letzten Jahre der Corona-Pandemie den Wunsch nach Jobsicherheit eher verstärkt als vermindert haben, sollte sich die öffentliche Hand nicht alleine darauf ausruhen. Schließlich ziehen insbesondere das Auswärtige Amt und die Deutsche Bundesbank erfolgreiche Absolvent:innen an, Überschwapp-Effekte auf andere Verwaltungsorgane sind jedoch eher von seltener Natur. Doch wie können beispielsweise auch Kommunalverwaltungen attraktiv auf junge Absolvent:innen in ihrer Berufswahl wirken?


Potenziale des Public Sectors als Arbeitgeber

Die Strategie- und Unternehmensberatung McKinsey & Company hat im Jahr 2019, basierend auf Umfragen von Führungskräften im öffentlichen Dienst, konkrete Ansatzpunkte herausgearbeitet, mit denen der Public Sector in Deutschland mehr Strahlkraft entwickeln kann, um die auseinanderklaffende Personallücke zu schließen und Mitarbeiter:innen langfristig zu binden.

Während die Privatwirtschaft strukturell mit höheren Gehältern werben kann, sollte der öffentliche Sektor ein differenziertes Wertversprechen entwickeln und ausstrahlen. Dies kann sich beispielsweise durch flexible Arbeitszeiteinteilung oder Teilzeitmodelle äußern. Behörden und Ämter können über das glaubhafte Versprechen von Werten wie ein sicherer Arbeitsplatz, familienfreundliche Zeiteinteilung oder die Möglichkeit sich beruflich weiter zu entwickeln bei Absolvent:innen punkten und eine nachhaltige Reputation fern vom Amtsstuben-Mief entwickeln.

Eine weitere Möglichkeit, wie der öffentliche Dienst als Arbeitgeber attraktiver wirken kann, ist das Einbetten der Rekrutierung und Weiterentwicklung von Nachwuchskräften in die Chef:innenetage. Wenn Recruiting als zentrale Führungsaufgabe aufgefasst und gelebt wird, äußert sich dies nicht nur in der unmittelbaren Wertschätzung des Nachwuchses, sondern bietet (beispielsweise durch Mentoring-Programme) konkrete Weiterentwicklungsmöglichkeiten für die Mitarbeiter:innen selbst. Schließlich sind es die Mitarbeiter:innen, welche die Zukunftsaufgaben unserer Zeit angehen und lösen sollen. Etwaige Modelle aus der Privatwirtschaft können hierbei als Vorbild herangezogen werden.

Ein weiteres Potenzial, welches die letzten Jahre bereits verstärkt wurde, sind die Weiterbildungsangebote. Hierbei muss man positiv hervorheben, dass der öffentliche Sektor 2021 im Vergleich zum privaten Sektor sogar mehr Fortbildung in Summe angeboten hat. So wurden im letzten Jahr im öffentlichen Sektor durchschnittlich 4,9 Tage weitergebildet (Vergleich zu 2019: durchschnittlich 3,7 Tage) und damit 0,3 Tage mehr als im privaten Sektor.

Einen großen Aufholbedarf gibt es jedoch in der Erfassung der Kompetenzbedarfe der Mitarbeiter:innen. Während 52 Prozent der befragten Unternehmen diese strukturiert erfassen, sind es in den Verwaltungen mit 24 Prozent weniger als die Hälfte dessen. Insbesondere im Hinblick auf die Modernisierung der Verwaltungen ist dies ein Defizit, welches sich die öffentliche Hand nicht lange leisten kann. Deshalb sollten Organisationsentwicklungspläne konzipiert werden, welche bedarfsgerecht auf die Belange der Beschäftigten eingehen und das Angebot sowie der Umfang von Weiterbildungsangeboten ausgeweitet und digitalisiert werden.

Es lässt sich erkennen, dass der öffentliche Sektor viel Potenzial hat, neue und erfahrene Talente für sich zu gewinnen

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Veröffentlicht am : 17.08.2022