“Wer einen Arbeitsalltag mit fester Routine braucht, sollte von der Politikberatung lieber die Finger lassen.”

Spannende Menschen kennen lernen, Präsentationen halten und Strategien ausarbeiten – das Berufsfeld “Politikberatung” wirkt für viele Absolvent:innen und Quereinsteiger:innen sehr vielfältig, aber auch wenig greifbar. Wir haben bei einem Experten genauer nachgefragt, was Berufseinsteiger:innen in diesem Job erwartet und wie sie sich mit Erfolg bewerben: Fabian Haun ist geschäftsführender Gesellschafter der Public Affairs Beratung elfnullelf und gibt zudem auf seinem Blog wertvolle Karrieretipps für Politikwissenschaftler:innen.

Hallo Fabian, Du arbeitest seit über fünf Jahren in der Politikberatung. Wieso hattest Du Dich zu Beginn Deiner Karriere dafür entschieden und warum bist Du in der Branche geblieben?

Ich fand Politik schon immer spannend. Deshalb entschied ich mich nach dem Abitur Politikwissenschaft mit öffentlichem Recht im Nebenfach zu studieren. Neugierig auf die Politikberatung wurde ich dann in meinem ersten Job als Mitarbeiter einer Bundestagsabgeordneten. Dort habe ich einige Politikberater:innen und ihre Arbeit kennengelernt. Für unterschiedliche Mandanten Strategien zu entwickeln, wie deren Anliegen zielführend an die Politik herangetragen werden können, hat mich als neue berufliche Herausforderung sehr gereizt. So bin ich dann über einen Studienfreund zu elfnullelf gekommen, wo ich meine Ideen einbringen konnte und „learning-by-doing“ erfahren habe, wie vielseitig und abwechslungsreich unser Job sein kann. Das ist der Grund, warum es mir bis heute Spaß macht Politikberater zu sein.

Wie kann man sich einen typischen Arbeitstag in der Politikberatung vorstellen?

Einen typischen Arbeitsalltag gibt es so gar nicht. Je nach Projekt und Mandant kann die Arbeit sehr unterschiedlich aussehen. Vom klassischen Politikmonitoring, Schreiben von Briefings, Gesprächen mit politischen Stakeholdern, Social Media Arbeit, Teilnahme an Veranstaltungen, Produktion von Online-Events ist bei uns bei elfnullelf alles dabei. Auf unserer Team-Seite haben wir dazu einige Beispiele verfasst, unter der Rubrik „Mein Tag bei elfnullelf“, wenn man die einzelnen Personen anklickt.

Wieviel Kontakt hat man tatsächlich zur Politik, etwa im Bundestag, in der täglichen Arbeit?

Auch das hängt sehr vom jeweiligen Kundenprojekt ab. Wir haben Projekte, in denen wir fast täglich mit Abgeordnetenbüros in Kontakt sind. In anderen geht es mehr um Content-Produktion oder Politikmonitoring und -analyse.

Welche Eigenschaften sollte ich mitbringen, um als Consultant erfolgreich durchzustarten und vor allem glücklich zu werden?

Die wichtigsten Eigenschaften sind aus meiner Sicht neben dem Interesse an Politik vor allem Kreativität, Kommunikationsstärke und Selbstorganisation. Kreativität ist wichtig, weil jedes Kundenanliegen anders ist und wir für jeden die passende Strategie mit den passenden Formaten und Inhalten entwickeln müssen. Das geht nicht nach Schema F. Kommunikationsstärke ist unerlässlich, weil wir bei fast allem, sei es per Videocall, persönlich, per Social Media usw. immer mit Menschen kommunizieren. Schließlich solltest Du in der Lage sein, Dich selbst zu organisieren, insbesondere zu erkennen, welche Aufgaben priorisiert werden müssen.

Für wen ist der Job eher nichts?

Auch das ist nicht ganz einfach. Ich würde sagen, auf wen die den genannten Eigenschaften so gar nicht zutreffen und wer einen Arbeitsalltag mit fester Routine braucht, sollte von der Politikberatung lieber die Finger lassen.

“60-Stunden-Woche, viel Druck und ständig unterwegs sein” – einige Absolvent:innen assoziieren die Beratungswelt vor allem mit viel Stress. Ist das tatsächlich noch so oder hat sich auch diese Branche dem New-Work-Zeitalter angepasst?

Ich würde sagen „Jein“. Das Unterwegssein hat durch Corona deutlich abgenommen und ich gehe auch davon aus, dass es nicht mehr so werden wird wie davor. Homeoffice und flexibles Arbeiten haben wir bei elfnullelf schon vor der Pandemie praktiziert, weil wir immer der Ansicht waren: Es kommt auf die Ergebnisse und auf die Qualität an und nicht wo und wie lange jemand arbeitet. Natürlich gibt es auch bei uns stressige Phasen und Deadlines, aber eine 60-Stunden-Woche hat bei unseren Mitarbeitenden niemand. Hier kommt es stark auf das Unternehmen an. Viele handhaben es inzwischen ähnlich wie wir, aber es gibt sicher noch einige, die am alten Modell festhalten.

Worauf achten Politikberatungen bei der Bewerbung?

In einem Wort: Praxiserfahrung. Je fundierter, desto besser. Wer zum Beispiel als Berufseinsteiger:in ein oder zwei längere Praktika bei Abgeordneten, einer Partei, Verband oder Institution gemacht hat und dort in Projekten mitgearbeitet hat, wird ganz klar bevorzugt.

Wie sieht es beim Vorstellungsgespräch aus? Gibt es klassische “Beratungsfragen”?

Für mich geht es im Vorstellungsgespräch immer darum herauszufinden, was die Person wirklich kann. Ich frage deshalb ganz gezielt nach, wie die einzelnen Arbeitsschritte aussahen.

Welche Möglichkeiten haben Quereinsteiger:innen und wie können sie am besten überzeugen, dass sie den Job auch ohne Erfahrungen im relevanten Bereich gut machen können?

Bei Quereinsteiger:innen geht es auch um Praxiserfahrung. Wenn sie zeigen können, dass sich ihre bisherigen Erfahrungen für die Arbeit in der Politikberatung gut adaptieren lassen, wenn sie gute Ideen und Motivation mitbringen, haben auch Quereinsteiger:innen gute Chancen. Wobei ich sagen muss, dass es mit zunehmendem Alter immer schwieriger wird, sich gegen jüngere Bewerber:innen durchzusetzen.

Wann macht eine Initiativbewerbung Sinn?

Eine Initiativbewerbung macht für mich immer dann Sinn, wenn ich auf einen Arbeitgeber stoße, der mich so überzeugt, dass ich sagen kann: Aus diesen Gründen möchte ich dort arbeiten. Dann würde ich dort anrufen, genau diese Gründe nennen und fragen, wo ich mich bewerben kann.

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Veröffentlicht am : 27.09.2022