Ab in den Ring: Der Fight Club für (zukünftige) Politikberater:innen

Manche Fähigkeiten kann man nur durch viel Praxis erlernen: Dazu gehört auch Rhetorik. Im Studium lernen zukünftige Politikberater:innen zwar allerhand über Kommunikation; wer im Berufsleben überzeugen möchte, dem oder der schadet praktische Übung sicherlich nicht. Um Berufseinsteiger:innen dabei zu unterstützen, gründeten Aline Baur und Tom Schlansky den Public Affairs Fight Club in Berlin. Im Interview erzählen Sie uns mehr über ihr kostenloses Angebot.

Liebe Aline und lieber Tom, wie entstand die Idee, den Public Affairs Fight Club zu gründen?

Aline: In Berlin gibt es viele Veranstaltungen, bei denen man passiv konsumiert. Podien, Vorträge, Stammtische. Meistens reden wenige und der Rest hört zu, vielleicht lernt man jemanden kennen, vielleicht aber auch nicht. Gerade als Berufseinsteigendende fanden wir das immer eher krampfig, inhaltlich nimmt man zumeist durch die Berieselung wenig mit.

Tom: Wir wollten ein Format, wo die Teilnehmenden jedes Mal mit einem Mehrwert raus gehen, selbst aktiv werden müssen und es die Chance gibt, unkompliziert Leute kennen zu lernen. Und weil es das im Public Affairs Bereich nicht gab, haben wir es selbst ins Leben gerufen.

An wen richtet sich der Public Affairs Fight Club?

Aline: An alle im politischen Berlin, die ihre kommunikativen Fähigkeiten verbessern wollen und Lust haben sich mit wechselnden Themen im Politikbetrieb auseinander zu setzen. Wir sind vor ein paar Jahren als Format für Berufseinsteigendende gestartet. Mittlerweile nehmen aber auch Personen mit Führungsverantwortung regelmäßig teil. Wir achten stark auf eine offene Atmosphäre, ob Praktikant:in oder Senior – jeder soll sich wohlfühlen. Von Teilnehmenden aus Agentur, NGO, Stiftung, Parlamenten, Parteien oder der Verwaltung – die Bandbreite ist groß.

Was erwartet die Teilnehmer:innen?

Tom: Gute Stimmung, wenig Passivität, Feedback und viel Abwechslung. Wir starten mit einem Warm-Up Quiz zum Thema des Abends, dann ein inhaltlicher Impuls, eine Team-Debatte und Kurzreden. Und dann geben sich die Teilnehmenden Feedback zu unterschiedlichen kommunikativen Aspekten. Ob man zum ersten Mal da ist, jahrelang dabei oder unregelmäßig – man geht jedes Mal raus und lernt etwas. Für zwei Stunden Einsatz ist das ein hervorragendes Training. Denn bei uns fällt pünktlich der Hammer, weil wir alle wissen, dass es noch genug zu tun gibt.

Wie oft trefft Ihr Euch und gibt es auch die Möglichkeit, online teilzunehmen?

Aline: Wir treffen uns alle 3-6 Wochen in Präsenz. Das Datum legen wir immer gemeinsam am Ende der Sitzung fest, das Thema auch. Falls uns eine Pandemie zwingt, sind wir online. Eine Hybridveranstaltung funktioniert mit unserem sehr dynamischen Konzept leider nicht.

Wie viele Personen sind für gewöhnlich dabei? Sollten Mitglieder zu jedem Treffen erscheinen, oder ist auch eine sporadische Teilnahme möglich?

Tom: Bei uns kommen zwischen 7 und 16 Personen. Das ist eine ideale Größe, damit das Format gut funktioniert. Wir haben regelmäßige Teilnehmende und Leute, die waren einmal da und kommen nach drei Jahren wieder. Jede:r ist immer willkommen.

Was zeichnet Eurer Meinung nach einen ausgeprägten Argumentationsstil aus?

Aline: Die Mischung macht es. Faktenwissen ist gut, gute Bilder sind besser, weil das leichter verfängt. Vor allem setzt es aber auch voraus, dem oder der Gegenüber gut zuzuhören, zu erkennen, wo die andere Person vielleicht nicht zu Ende gedacht hat und wo es „Angriffsfläche“ gibt. Und am Ende zeigt sich häufig: Reden lernt man nur durch reden.

Gibt es Politiker:innen, die Ihr als Kommunikations-Vorbilder bezeichnen würdet?

Tom: Es gibt wenige, die kommunikative Allrounder sind. Manche haben super nahbarere, informative Instagram-Accounts, andere können sich vor der Belegschaft auf eine Bierbank stellen und schaffen es, da gegen viel Gegenwind durchzudringen. Kommunikation ist das eine, Sympathie und Empathie das andere.

Aline: Als Vorbild würde ich die sehen, die Fehler oder Fehltritte offen kommunizieren und die sich auch morgen noch an die Position erinnern, die sie gestern so vehement vertreten haben. Das hat für mich auch was mit Haltung zu tun.

Hat sich die Debattenkultur in Deutschland durch zunehmende Polarisierung verändert? Welche Rolle spielen dabei die Sozialen Medien?

Aline: Wir hatten das erst in unserer letzten Runde als Thema. Es ist schon was dran an dem Punkt, dass soziale Medien die Aufmerksamkeitsspanne verkürzen. Häufig liest man nur die Schlagzeile oder eine These – aber den restlichen Text mit Argumenten und Begründungen für die vielleicht steile Behauptung am Anfang, der fällt hinten runter. Das kritische Nachfragen und der daraus resultierende tiefergehende verbale „Streit“, das fehlt. Leider häufig auch die Netiquette.

Wie wichtig ist politische Kommunikation in der aktuellen Krise?

Tom: Essentiell. Kommunikation gewinnt an Relevanz, wenn es um Sorgen und Ängste geht, unabhängig davon, ob die Bedrohungslage konkret greifbar oder eher abstrakt ist. Krisenkommunikation ist die hohe Kunst – Entscheidungen müssen schnell getroffen und auch schnell kommuniziert werden ohne dass es nach Aktionismus aussieht, die Themen, die man vielleicht lange strategisch vorbereitet hat und eigentlich setzen wollte, fallen hinten runter. Das ist kommunikativ schon eine Gratwanderung, weil man angreifbarer wird. Und das Bild wird noch größer, wenn man den Blick vom Individuum auf die Gesellschaft hebt: Da geht es um Zusammenhalt und am Ende auch um die Demokratie.

Ihr wollt direkt in den Ring des Public Affairs Fight Clubs steigen? Oder erst einmal mehr erfahren? Dann findet ihr alle weiteren Infos auf www.pafightclub.de – dort könnt ihr euch auch auf den Verteiler aufnehmen lassen und werdet dann künftig über die nächsten Termine informiert.

Veröffentlicht am : 14.11.2022