Kindness Economy

Kindness Economy – freundliche Wirtschaft? Ökonomie der Freundlichkeit? Was soll das denn sein und wie passt das zusammen? In der Wirtschaft geht es doch meist um Konkurrenz, Monopolstellungen und Kampfgeist. Um Profit, Macht und Ruhm. Oder etwa doch nicht? Die britische Kommunikationsberaterin Mary Portas prägt den Begriff der Kindness Economy nachhaltig und kritisiert wirtschaftliche Verhaltensweisen, die den Menschen nicht in den Mittelpunkt stellen.

Ein Umdenken findet statt

Sie fordert einen Paradigmenwechsel – und erkennt ihn bereits beim Schauen der Fußball-EM mit ihrem Sohn: „I was sitting with my nine-year-old son, remembering watching the European Cup when my elder son, who’s 26, was much his age. All people were talking about then was what diamond earring Beckham was wearing. All about the look, the image, the money he’d made. This time, you had Gareth Southgate hugging his team with open vulnerability. You had Marcus Rashford fighting for school dinners. We had Black Lives Matter; kneeling down. A major shift is starting to happen. We need to keep embracing it.”

Zusammengefasst: In den letzten 50 bis 60 Jahren ging es in der Wirtschaft nur um höher, schneller weiter und beim Konsum um das schnelle und kurzfristige Vergnügen. Der „traditionelle“ kapitalistische Ansatz der Wirtschaft ist ausschließlich auf Profite ausgerichtet und gleichzeitig schädlich für Menschen und den Planeten, da beide übermäßig belastet werden.
Doch in den Köpfen vieler Menschen findet ein Umdenken statt, die negativen Folgen des traditionellen Ansatzes werden immer deutlicher. Unter anderem hat auch die Corona-Pandemie ihren Teil dazu beigetragen, dass Verbraucher:innen ihr Konsumverhalten ändern und ihre Grundwerte verschieben: Konsum wurde sinnhafter und existenzieller. Es wurde sich mehr Gedanken darüber gemacht, was wirklich notwendig war und welche Dinge doch nur ein Luxusgut sind. Diese neuen Perspektiven, gepaart mit dem wachsenden Bewusstsein für Nachhaltigkeit und Umwelt führen uns zum Paradigmenwechsel.

Was ist Kindness Economy?

Das Prinzip der Kindness Economy beschreibt eine Wirtschaft, die freundlich ist: zu den Menschen, zu unserem Planeten und zuletzt zum Gewinn. Der Mensch hat dabei Priorität, die anderen Aspekte stehen dabei absichtlich an hinterer Stelle. Grundlage für diese Art der Wirtschaft bildet dabei ein Wertesystem, das sich an humanen Werten wie Respekt, Fürsorge und Verständnis orientiert.

Für Unternehmen bedeutet dies, dass die Kund:innen nicht mehr nur auf schnelle Verfügbarkeit und das günstigste Angebot achten. Vielmehr treten nun andere Kaufargumente in den Vordergrund, wie zum Beispiel Fragen nach der Herkunft und Nachhaltigkeit von Produkten oder nach fairer Bezahlung und den Arbeitsbedingungen der Produzenten.

Was können Unternehmen tun?

Eine Art, ein Zeichen zu setzen, könnten beispielsweise Zertifikate sein. Dort zeigt der Paradigmenwechsel auch schon seine Wirkung: Wo früher eher technische Aspekte betrachtet wurden, wird heutzutage zunehmend auch der Hintergrund des Unternehmens beleuchtet. Neue Labels und Parameter ermöglichen die Bewertung von Transparenz und sozialer Verantwortung. Neue Organisationen wie beispielsweise B Lab Deutschland wurden gegründet, um Unternehmen für ihre Verantwortung gegenüber der Umwelt und den Menschen zu sensibilisieren und sie bei der unternehmerischen Umsetzung zu unterstützen.

Mary Portas geht noch einen Schritt weiter: Sie schlägt als neuen Bewertungsmaßstab den „Kindness Performance Indicator“ vor. Dieser soll den Freundlichkeits-Score für Unternehmen messen, indem das menschliche Element bzw. ein „sozialer“ Aspekt mit einberechnet wird. Einfühlungsvermögen, Wertschätzung und Aufmerksamkeit für Arbeitnehmer:innen sind Instrumente, die schnell und einfach eingesetzt werden können, um ein bisschen mehr Kindness Economy in den Arbeitsalltag zu integrieren. Denn wie jede:r weiß: glückliche und zufriedene Mitarbeiter:innen arbeiten effizienter und motivierter.

Weitere Schritte in Richtung freundliche Ökonomie, die beim Umdenken für Unternehmen hilfreich sein können, zeigt Mary Portas in ihrem Buch „Rebuild – How to thrive in the new Kindness Economy“ auf: Das Ich wandelt sich zum Wir, Preis-Leistungs-Verhältnisse machen Wert und Werten Platz und materieller Komfort wird mit humaner Würde ergänzt.

Veröffentlicht am : 20.04.2022