New Work ist in aller Munde. Der von einigen sogar als Megatrend bezeichnete Ansatz des „neuen Arbeitens“ verspricht Lösungen für alte und neue Probleme. Aber ist dieses Konzept auch in der öffentlichen Verwaltung umsetzbar?
New Work besticht mit der Aussicht auf eine gesteigerte Attraktivität des Arbeitsplatzes, mehr Freiraum sowie Platz für die individuelle Kreativität. Frithjof Bergmann, der Begründer der New Work-Bewegung in den 1980er-Jahren, beschreibt den Kern von New Work als das, „was man wirklich will“. Er plädiert dafür, dass Arbeitnehmende das tun sollen, was sie leidenschaftlich antreibt und wozu sie talentiert sind.
New Work bündelt als Sammelbegriff verschiedene, meist alternative Arbeitsmodelle und -formen. Aspekte sind zum Beispiel eine teamübergreifende Zusammenarbeit, flexiblere Arbeitszeiten und -orte sowie Digitalisierung. Im Interview mit HAUFE betonte der inzwischen verstorbene Bergmann jedoch, dass New Work nicht einfach durch eine Veränderung einzelner Teilaspekte der Arbeit implementiert werden kann:
„Man kann nicht aus kleinen Stücken ein Arbeitsleben zusammenkleistern. Da sehe ich immer noch die Gefahr, dass Arbeit als eine milde Krankheit empfunden wird. […] Die meisten Unternehmen versuchen New Work in einer Art und Weise einzubauen, wie sie die Dinge schon immer gemacht haben. Im Grunde sind viele nicht bereit, einschneidende Änderungen hineinzubringen.“
Das könnte daran liegen, dass private Unternehmen in einem kapitalistischen System bestehen müssen. Ihr Fokus liegt nicht allein darauf, Arbeitsplätze zu schaffen und die Arbeit möglichst angenehm zu gestalten. Die Unternehmen müssen vor allem die Bedürfnisse ihrer Kund:innen befriedigen und dabei möglichst viel Gewinn erwirtschaften. Letztlich geht es einem Unternehmen vor allem darum, optimal zu funktionieren und die Arbeitsabläufe so effizient wie möglich zu gestalten.
In der öffentlichen Verwaltung herrschen hingegen andere Rahmenbedingungen. Max Weber beschrieb die Verwaltung als einer Behörde professioneller Mitarbeitenden, die sich an das Gesetz halten und nach klar definierten Aufgaben handeln. Aufteilung in Abteilungen, Arbeitsteilung und eine klare Hierarchie prägen diese Organisationsform. Eine Form, die zunächst wenig Spielraum für kreative und agile Ansätze vermuten lässt.
Die Erwartungen und Ansprüche an die öffentliche Verwaltung sind in jüngster Zeit gestiegen. Mitarbeiter:innen erwarten von ihrem Arbeitgeber moderne Arbeitsmodelle, die zum Beispiel die Vereinbarkeit von Beruf und Familie fördern. Besonders in den jüngeren Generationen, beginnend bei der Generation Y, ist das Verlangen nach Freiheit und Flexibilität sehr groß. Folglich muss die Verwaltung als Arbeitgeber nachziehen, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken und für Arbeitnehmer:innen attraktiv zu bleiben.
Gleichermaßen haben sich die Bedürfnisse der Bürger:innen, die den Service der öffentlichen Verwaltung in Anspruch nehmen, an die heutige Zeit angepasst. Sie erwarten ebenfalls mehr Flexibilität und ein digitales Angebot an Leistungen.
Hinzu kommt, dass die Aufgaben, die es zu bearbeiten gilt, immer komplexer werden. Einfache Aufgaben entfallen durch technischen Fortschritt. Für die anspruchsvollen Aufgaben bedarf es einer anderen Organisation und fachkundiger, ausgebildeter Arbeitskräfte – eine rare Ressource. Die Notwendigkeit, in der Verwaltung moderne Arbeitskonzepte zu bedenken und zu implementieren, ist demnach gegeben.
Am einfachsten ist Wandel anzustoßen und umzusetzen, sobald es Probleme oder Unzufriedenheiten im Ablauf, in der Struktur oder bei den Arbeitsergebnissen gibt. Dadurch steigt der Handlungsdruck und die Bereitschaft, alternative Arbeitskonzepte zu testen. Maria Rösch coacht Organisationen und spricht darüber in einem Interview mit der msg.group: „Wer New Work angeht, dem muss es ernst damit sein“. Zudem erleichtere die Fokussierung auf den Sinn und Zweck der Veränderungen einen effektiveren Wandel sowie langfristig eine schnellere Reaktionsfähigkeit der Organisation. Durch die Implementierung neuer Arbeitsstrukturen wird bei den Angestellten ein konstanter Lernprozess angestoßen. Studien zeigen, dass dabei auch die Führungskultur entscheidend ist. New Work in Unternehmen oder der Verwaltung steht und fällt mit der gelebten Unternehmenskultur.
Dabei sollten Aspekte, die auf den ersten Blick weniger sichtbar sind, nicht vergessen werden: So spielt zum Beispiel auch die IT-Kompetenz der Mitarbeiter:innen aufgrund der zunehmenden Digitalisierung eine große Rolle. Ganz grundsätzlich ist es für eine erfolgreichen Wandel wichtig, möglichst anpassungsfähige Mitarbeiter:innen zu beschäftigen oder diese in ihrer Resilienz zu schulen.
New Work als Arbeitskonzept wird – unabhängig vom Kontext – dann erfolgreich sein, wenn Mitarbeiter:innen, als auch Führungskräfte und Arbeitgeber:innen den Mehrwert des Wandels sehen und New Work aktiv und ganzheitlich umsetzen und leben. Dann kann auch die starre Verwaltung ein agiler Arbeitgeber sein und werden.
Veröffentlicht am : 05.01.2022