Urteil zu Häftlingsarbeit: Wie Strafgefangene entlohnt werden sollen

Newsletter politjobs Editorial Urteil Häftlinge 03.07.2023

Strafgefangene in Deutschland sind (in den meisten Bundesländern) grundsätzlich verpflichtet zu arbeiten, erhalten dabei jedoch nur minimale Löhne für die geleistete Arbeit. So liegt der Stundenlohn aktuell bei 9 % des Durchschnittslohns für alle Rentenversicherten, was je nach Qualifikation zwischen 1,37 und 2,30 Euro pro Stunde entspricht. Dagegen klagten nun Häftlinge aus Bayern bzw. Nordrhein-Westfalen vor dem Bundesverfassungsgericht – mit Erfolg.

Die Karlsruher Richter:innen erklärten in ihrem Urteil die Strafvollzugsgesetze der beiden Länder für verfassungswidrig. Begründet wird dies mit dem Resozialisierungsgebot: Grundsätzlich können Strafgefangene sich auf den Anspruch berufen, auf ein straffreies Leben vorbereitet zu werden. Dabei spielt Arbeit eine entscheidende Rolle und sollte daher auch angemessen entlohnt werden. Hat die geleistete Arbeit keinen geleisteten Gegenwert, werden Häftlinge zu “Objekten staatlicher Gewalt” degradiert, so das Urteil.

Bis Juni 2025 haben NRW und Bayern nun Zeit, neue “widerspruchsfreie” Regelungen zu beschließen. Das Urteil dürfte jedoch auch für die anderen Bundesländer Signalwirkung haben: Entweder passen sie ihre Strafvollzugsgesetze ebenfalls an oder laufen Gefahr, erfolgreich verklagt zu werden. Bei der Neuregelung haben die Gesetzgeber jedoch einen weiten Spielraum: So kann bei der Entlohnung berücksichtigt werden, dass Gefangenenarbeit grundsätzlich eine geringere Produktivität aufweist oder die Löhne können für Wiedergutmachungs- und Unterhaltszahlungen vorgesehen werden. Die tatsächlich greifbaren Folgen des Urteils bleiben also noch offen.

Diese Themen haben uns außerdem interessiert: 

  • Social Media: Die Arbeit als Contentmoderator:in ist psychisch extrem belastend, schilderte kürzlich ein Meta-Moderator im Digitalausschuss des Bundestages. Dieser Moderator wurde wegen seines Auftritts nun vom Dienst freigestellt – wie Verdi und der Digitalausschuss darauf reagieren, weiß das RND.

  • Inflation: Im vergangenen Jahr sind die Arbeitskosten um 6,4 % gestiegen – so stark wie lange nicht mehr. Trotz dieser wachsenden Kosten mussten Beschäftigte aufgrund der Inflation Reallohnverluste hinnehmen, schreibt die Zeit.

  • Rente: Knapp 70 % der Babyboomer-Generation würden es vorziehen, vorzeitig in Rente zu gehen. Dies fand eine Studie der Bergischen Universität Wuppertal heraus, die dazu rund 9.000 Menschen mit den Geburtsjahren 1959, 1965 und 1971 befragt hat. Details und Gründe für den (gewünschten) früheren Berufsausstieg gibt es beim Spiegel.

  • Arbeitgeberattraktivität: Was sind die attraktivsten Arbeitgeber aus der Perspektive von Studierenden? Das Universum Student Survey hat dies untersucht und kommt etwa zu dem Ergebnis, dass Arbeitgeber aus der Energieversorgung und der Rüstungsindustrie an Beliebtheit gewonnen haben; Verluste musste dagegen Tesla hinnehmen. Weitere Details bietet das PR Journal.

  • Bürotiere: Vergangenen Freitag war “Tag des Bürohundes”. Zu diesem Anlass hat t3n Argumente für tierische Unterstützung im Büro gesammelt – etwa weniger Stress und mehr Kontakte zu Kolleg:innen.

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Diese Woche gab es Jobs beim Zentrum Liberale Moderne, bei der Siemens Stiftung, bei campact e.V. , bei der CDU-Fraktion Berlin und vielen weiteren. 


Veröffentlicht am : 03.07.2023